Judith Streit, Teamleiterin Prozessmanagement
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Nicht selten gehen mit einem neuen Jahr auch neue Gesetze und Regelungen einher. Die Zeitarbeitsbranche ist in verschiedenen Bereichen von einigen Neuerungen betroffen. Neben Lohnerhöhungen und wachsendem Urlaubsanspruch gibt es vor allen Dingen in der Fleischindustrie gesetzliche Änderungen. Ebenso wie das vergangene Jahr ist auch das neue Jahr gekennzeichnet von der Corona-Pandemie und den damit verbundenen gesetzlichen Ausnahmefällen.
Während der gesetzliche Mindestlohn am 1. Januar 2021 auf 9,50€ gestiegen ist, liegt der Branchenmindestlohn in der Zeitarbeit bei 10,15€ (West) und 10,10€ (Ost). Im April findet, einhergehend mit einer Lohnerhöhung, der Ost-West-Angleich statt, der in der Zeitarbeit für einen bundesweiten Mindestlohn von 10,45€ sorgt. In Folge dieser Erhöhung steigt auch die Grundlage zur Berechnung der Branchenzuschläge, die prozentual hinzugerechnet werden.
Ebenso wie der Lohn steigt für Zeitarbeitnehmer auch das Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die Beträge erhöhen sich gemäß einer bestimmten Staffelung und sind abhängig von der Betriebszugehörigkeit am jeweiligen Stichtag (30. Juni bzw. 30. November). Arbeitnehmer, die bereits einen höheren Jahressonderzahlungsanspruch haben, erfahren dadurch keine Absenkung.
Darüber hinaus besteht seit 2021 ein Mitgliedervorteil der acht DGB-Gewerkschaften, nach dem deren Mitglieder einen zusätzlich erhöhten Anspruch haben.
Zeitarbeitnehmer können sich ab diesem Jahr nicht nur über mehr Geld, sondern auch über gestiegene Jahressonderzahlungen und mehr bezahlte Urlaubstage freuen:
Somit ist die Zeitarbeitsbranche vielen anderen Branchen einen Schritt voraus. Was viele nicht wissen: Bereits seit Jahren liegen die Löhne deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn. Attraktiv für Bewerber und Mitarbeiter sind zudem die Tarifverträge der Branche, die unter anderem die genannten Änderungen festhalten und somit Zeitarbeitnehmern bessere Arbeitsbedingungen ermöglichen. Durch die verbesserten Rahmenbedingungen steigt die Zufriedenheit der Zeitarbeitnehmer, wovon letztendlich auch die Kunden der Branche profitieren.
Aufgrund der Corona-Krise war es im vergangenen Jahr auch Zeitarbeitsfirmen möglich, Kurzarbeitergeld für die Zeitarbeitnehmer zu beantragen. Zum Schutz vor Entlassungen wird diese Regelung in diesem Jahr fortgeführt.
Ausgangspunkt für die gesetzlichen Neuerungen bildeten die Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen und die schlechten Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie. Künftig dürfen nur Beschäftigte des eigenen Unternehmens das Schlachten und Zerlegen des Fleisches verrichten. Ziel ist es, die herrschenden Arbeitsbedingungen zu verbessern. Eine Ausnahme stellen Handwerksbetriebe mit weniger als 50 Beschäftigten dar.
Seit dem 1. Januar 2021 herrscht hier somit ein Verbot von Werkverträgen. Zudem wird die Arbeitnehmerüberlassung ab dem 1. April 2021 in der Fleischwirtschaft verboten – allerdings besteht hierbei eine auf drei Jahre befristete Ausnahmeregelung: Diese soll es Fleischereien auf Basis eines Tarifvertrages erlauben, Auftragsspitzen durch die Arbeitnehmerüberlassung abzufedern. Diese Ausnahmeregelung betrifft jedoch nur die Fleischverarbeitung, nicht das Schlachten oder Zerlegen.
Ebenfalls neu seit 2021: Für die eingesetzten Zeitarbeitnehmer gelten ab dem ersten Tag die gleichen Arbeitsbedingungen und Löhne wie für Stammmitarbeiter. Nicht zuletzt sind die Unternehmen seit diesem Jahr in der Pflicht, die Arbeitszeiten der Zeitarbeitnehmer elektronisch zu dokumentieren und eine maximale Einsatzdauer von vier Monaten nicht zu überschreiten.
Diese gesetzlichen Regelungen stoßen in der Zeitarbeitsbranche auf wenig Verständnis. Der Grund: Die Modelle Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge werden miteinander gleichgesetzt, obwohl es sich dabei im Kern um zwei grundlegend verschiedene Modelle mit unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen handelt. Während es bei den Werkverträgen kaum Einschränkungen und Kontrollen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen gibt, ist die Arbeitnehmerüberlassung von diversen Richtlinien gekennzeichnet: von strengen Aufsichtskontrollen, einem Schutzkonzept für die Beschäftigten, das in den Tarifverträgen verankert ist, bis hin zu vollem Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte bezüglich der Einsätze. Das geplante Verbot der Arbeitnehmerüberlassung führt zu einer enormen Einschränkung in der Fleischindustrie und erschwert das Kompensieren von Auftragsspitzen sowie saisonalen personellen Engpässen.
Die Corona-Krise wird uns auch in diesem Jahr vorerst begleiten. Abzuwarten bleibt, wie lange die Auswirkungen eine Beeinträchtigung darstellen werden. Zeitarbeitsfirmen können sich die Krise jedoch zunutze machen – sowohl auf Bewerber- als auch auf Kundenseite. Auf der einen Seite sind zahlreiche Unternehmen auf die kurzfristige Vermittlung von Personalvermittlung angewiesen und setzen demnach auf die langjährige Expertise von Zeitarbeitsfirmen. Auf der anderen Seite hat die Corona-Krise viele Menschen ihren Job gekostet oder das Ende der Selbstständigkeit bedeutet. Für Betroffene stellt der Wiedereinstieg in den Beruf über eine Zeitarbeitsfirma eine große Chance dar – langfristig oder zur Überbrückung. Gelingt es der Zeitarbeitsbranche also, sich in diesen herausfordernden Zeiten als Problemlöser zu etablieren, kann sie ihren Ruf womöglich langfristig verbessern.